Vortragsveranstaltung
6.
November 2002, 19.00 Uhr
"Davon habe ich nichts gewusst!" - Kindersklaven
in Deutschland
Dr. Gisela Schwarze,
Münster
Erst mit Beginn
der Entschädigungsdiskussion zeigte sich erstes Interesse an
jenem Teil der NS-Verbrechen, der gleich 1945 von der deutschen
Gesellschaft vergessen gemacht wurde: Der Versklavung von mehr als
10 Millionen Europäern auf deutschem Reichsgebiet während
des Zweiten Weltkriegs. Sprach man anfänglich nur von Männern,
so legte Ulrich Herbert bereits 1985 dar, dass mehr als die Hälfte
der aus der Sowjetunion deportierten Zivilisten Frauen waren. Da
der "Reichseinsatz" unter rassistischen Richtlinien erfolgte,
behandelten die Nationalsozialisten und auch Teile der Bevölkerung
alle Menschen aus Polen, Serbien und der Sowjetunion als "Untermenschen".
Dieses Schicksal
widerfuhr nicht nur Männern und Frauen, sondern auch den vielen
Kindern in den Zwangsarbeiterlagern: Den hier unter barbarischen
Bedingungen geborenen Säuglingen und den mit den Müttern
deportierten Kindern und Jugendlichen. 550.000 Opfer vertritt die
Vereinigung der ehemaligen minderjährigen Gefangenen des Nationalsozialismus
in den GUS-Staaten. Die Erforschung und Dokumentation ihres Schicksals
in den westfälischen Lagern ist seit bereits 13 Jahren einer
der Themenschwerpunkte der Referentin.
Nichts kennzeichnet
die nationalsozialistische Gesellschaft mehr, als der grausame Umgang
mit den so genannten "schlechtrassischen Säuglingen"
und den sechs- bis siebenjährigen "Russenkindern",
die bei der Reichsbahn die Kupplungen der Waggons schmieren mussten
oder an Webstühlen in Textilfabriken standen. Ab zwölf
Jahren - ab 1944 bereits ab zehn Jahren - wurde die Kinder dann
als Arbeitssklaven in der Rüstungsindustrie eingesetzt.
Angesichts des braunen Windes, der wieder durch Deutschland weht,
ist es notwendig, der Verharmlosung historischer Tatsachen mit wissenschaftlich
belegbaren Fakten zu begegnen.
Dr. phil. Gisela
Schwarze ist Historikerin und Autorin. Langjährige pädagogische
Tätigkeit in verschiedenen Bereichen. Forschungen und Veröffentlichungen
zur NS-Zeit und Nachkriegsgeschichte, insbesondere zur Zwangsarbeit
im "Dritten Reich" sowie zur westfälischen Landeskunde,
z.B. Kinder, die nicht zählten. Ostarbeiterinnen und ihre Kinder
im Zweiten Weltkrieg, Essen 1997 und Gefangen in Münster. Kriegsgefangene,
Zwangsarbeiter, Zwangsarbeiterinnen 1939-1945, Essen 1999.
Veranstaltungsort
Historisches Centrum Hagen
Stadtmuseen / Stadtarchiv
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D-58091 Hagen
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